Reformation made in Torgau
Torgaus Einfluss auf die Reformation
Torgau entwickelte sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur bevorzugten Residenz des kursächsischen Hofes. Zahlreiche Treffen mit Luther in Torgau sind belegt. Weitere Gelehrte und Theologen wie Georg Spalatin oder Gabriel Zwilling wirkten in diesem Umfeld ebenso wie der Kirchenmusiker Johann Walter.
Politisches Zentrum der Reformation
Spätestens mit dem Bau der neuen evangelischen Schlosskapelle in räumlicher Einheit zu den kurfürstlichen Gemächern verwandelte sich Schloss Hartenfels in ein architektonisches Manifest der Reformation. Noch heute künden Bild- und Formensprache des Torgauer Schlosses – vor allem am Hauptportal des Großen Wendelsteins und dem schönen Erker - von der herausragenden Stellung und dem politischen Selbstverständnis der Ernestiner: Ließ Friedrich der Weise in den Anfangsjahren die Reformation noch gewähren, avancierte dessen Neffe Johann Friedrich der Großmütige zum Führer des Schmalkaldischen Bundes, der die Interessen der protestantischen Stände gegenüber dem Kaiser Karl V. auch militärisch vertrat.
1527 entstanden unter Luthers Anleitung auf Schloss Hartenfels die Grundzüge der ersten protestantischen Visitationsordnung. 1528 traf der Reformator hier den dänischen König Christian II. und dessen Schwester Elisabeth von Brandenburg.
1530 erörterten die Wittenberger Theologen mit den Kursächsischen Räten die Frage, wie sich die protestantischen Stände gegenüber dem Kaiser in Glaubensfragen positionieren. Gemeinsam mit Justus Jonas und Johannes Bugenhagen verfasste Martin Luther die Torgauer Artikel, die noch im selben Jahr Bestandteil der Confessio Augustana wurden. Ein Jahr später traf Luther im Torgauer Schloss auf Herzog Heinrich von Sachsen und dessen Frau Katharina von Mecklenburg.
Für den ersten Druck der vollständigen Bibelübersetzung Martin Luthers erhielt Christian Döring 1934 vom sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich ein unbefristetes Druckprivileg, das ihn vor Nachdruck innerhalb Kursachsens und Import anderswo entstandener Nachdrucke schützte.
Am 5. Oktober 1544 predigte Martin Luther auf Schloss Hartenfels anlässlich der Einweihung der neuen Schlosskapelle. Es sollte das erste und einzige Mal bleiben, dass Luther einen Kirchenneubau in Dienst nahm, der eigens für den evangelischen Gottesdienst errichtet worden war.
Moderne Verwaltungsstrukturen
Bereits im 15. Jahrhundert wurde im Torgauer Schloss eine Kanzlei im Bereich des heutigen Flügel D errichtet. Der wachsende Verwaltungsaufwand führte jedoch zu einer Verlegung dieser administrativen Bereiche, so dass vor den Schlossmauern neben der Stadtkirche St. Marien, die ehemals durch einen Laufgang mit dem Schloss verbunden war, ein neues Kanzleigebäude – heute das Stadt- und Kulturgeschichtliche Museum – für den kursächsischen Hof errichtet wurde. Später wurde in unmittelbarer Nähe die erste Superintendentur (heute Wintergrüne 2) eingerichtet und damit der Grundstein für kirchenrechtliche Strukturen gelegt, die bis in die Gegenwart ihre Wirkung entfalten.
Vermittler zwischen Martin Luther und dem Kurfürsten
Georg Spalatin
Georg Spalatin wurde 1484 unter dem bürgerlichen Namen Georg Burkhard in Spalt geboren. Spalatin gehörte als Erzieher von Johann Friedrich I. von Sachsen in der Zeit von 1508-1511 dem Hoflager des Kurprinzen an. Er bekam ein Gemach bestehend aus Stube und unbeheizter Kammer im Torgauer Schloss zugewiesen und hergerichtet. Er gilt als wichtiger Mittler zwischen Friedrich dem Weisen und Martin Luther und somit als „Steuermann der Reformation“. Noch bis zum Tod Friedrichs des Weisen blieb er am Kursächsischen Hof. Das um 1493 erbaute Priesterhaus in der heutigen Katharinenstraße erhielt Georg Spalatin 1523 als Lehen von Friedrich dem Weisen. Es stellt das am authentischsten erhaltene Priesterhaus in Sachsen dar und beherbergt die Ausstellung „Klang & Glaube“, die das Zusammenspiel von Reformation und Musik beleuchtet und Leben und Wirken von Johann Walter und Georg Spalatin ins Zentrum rückt.
Luthers Ehefrau
Katharina von Bora
Torgau kreuzt den Lebensweg der Katharina von Bora an zwei entscheidenden Wendepunkten. Katharina von Bora wurde 1499 geboren und wurde bereits im Alter von 5 Jahren zur Erziehung in ein Kloster gegeben. Sie war eine jener 12 Nonnen, die 1523 unter Führung des Torgauer Bürgers Leonhard Köppe mit einem Planwagen aus dem Kloster Nimbschen fliehen konnten. Torgau war die erste Station des Wagens. Köppe war ein Vertrauter Luthers, der über die „Entführung“ unterrichtet war. Die Ehe zwischen Katharina und Martin Luther wurde am 13. Juni 1525 in Wittenberg getraut. Katharina führte den Haushalt der Familie Luther im „Schwarzen Kloster“, wo sie ihren Lebensmittelpunkt fand. Seltener als ihr Gemahl besuchte sie folglich Torgau. Belegt ist ein Aufenthalt für das Jahr 1552: Nach dem Tod Martins flieht Katharina Luther vor der Pest aus Wittenberg nach Torgau. Unweit der Stadt bricht der Wagen und Katharina Luther verletzt sich lebensbedrohlich. Am 20. Dezember erliegt sie ihren Verletzungen und wird am 21. Dezember 1552 in der Stadtkirche St. Marien beigesetzt. Noch heute kann das Epitaph aus dem 16. Jahrhundert hier besichtigt werden.
In Gedenken an Katharina von Bora richtete die Stadt Torgau die Katharina-Luther-Stube in ihrem Sterbehaus (Katharinenstraße 11) ein.